Unter: Wenn jemand aus Deutschland nach
Österreich reist – sieht man einmal von den Geschäftsleuten ab - dann tut er es
in der Regel der Kultur oder des Urlaubs wegen. Auch für mich galt das bisher.
Urlaub habe ich noch nie in Österreich gemacht, was sich als Versäumnis
herausstellte, mich interessierten Geschichte und Kultur des Landes. Und so bin
ich über Salzburg und Wien, von einzelnen Abstechern abgesehen, nie
hinausgekommen.
Deshalb zögerte ich auch keinen Moment zuzusagen, als mich im Spätsommer 2002
ein Herr Meindlhumer anrief, sich als Obmann der Austrian Appaloosa Association
vorstellte und mich fragte, ob ich nicht Lust hätte, zu einem Vortrag über die
historische Entwicklung der Appaloosa-Rasse und ihre modernen Ausprägungen nach
Österreich zu kommen Er habe meine Artikel über „Moderner Typ oder alter
Schlag?“ im Western Pferde Journal gelesen und halte meine Überlegungen auch für
seine Landsleute für hörenswert. Ein ausführlicher Briefwechsel und ein erstes
Kennenlernen anlässlich der Appaloosa-EM in Aachen vom 11. bis 13. Oktober
machten mich zusätzlich gespannt auf „Oberösterreich“ (inzwischen hatte ich
gelernt, dass das nicht unwichtig war!), die österreichischen Appaloosa-Züchter,
-Halter und -Reiter, und natürlich ganz besonders auf die Appaloosas, die in
Österreich gehalten und gezüchtet werden. Denn Herr Meindlhumer hatte mir als
zusätzlichen Anreiz eine Rundreise zu einigen seiner Züchterkolleginnen und –kollegen
versprochen.
Das es allerdings ein so angenehmes, vielseitig informierendes (als Magister der
Geographie erwies sich der österreichische Obmann als idealer Reiseführer!), mit
fundierten Gesprächen und äußerst sympathischen Appaloosa-Leuten gefülltes
Wochenende werden sollte, hatte ich vorab nicht erwartet. So erwies sich die
Reise vom 25. bis 28. Oktober nach und durch Österreich für mich in jeder
Beziehung als außerordentlicher Gewinn. Am besten lässt sich das Ganze wohl mit
der Standardformulierung des greisen Kaisers Franz Joseph zusammenfassen: „Es
war sehr schön. Es hat mich sehr gefreut!“
Das Programm, das mir am Freitagabend (Bei einem echt oberösterreichischen Abendbrot –vielen Dank, liebe Eva Meindlhumer!) präsentiert wurde, ließ an Vollständigkeit nichts zu wünschen übrig, denn um meinen gut besuchten Vortrag am Samstagabend im Hotel Gallspacherhof in Gallspach herum waren die beiden Tage von früh bis spät gefüllt. Wie ich später feststellen sollte, hatte Alfred Meindlhumer einen wirklich repräsentativen Querschnitt organisiert, womit er lange Fahrstrecken als Chauffeur für sich in Kauf nahm, denn unsere „Züchterreise“, am Sonntag begleitet von Hannes Keßler und seiner Frau, führte uns von der westlichen Landesgrenze bis ein gut Stück südlich der Wiener Neustadt und auf einer großen Schleife zurück durch die Steiermark, so dass wir am Sonntagabend erst sehr spät wieder in Grieskirchen eintrafen. Aber die langen Fahrzeiten hatten auch ihr Gutes: Wir lernten uns nicht nur besser kennen und ganz sicher eine Menge voneinander, sondern ich bekam außerdem einen vorzüglichen kulturgeschichtlichen, geologisch-geographischen und anekdotischen Einblick in die österreichischen Gegebenheiten geboten. Auch dafür Alfred Meindlhumer ein herzliches Dankeschön!Bei der Auswahl der zu besuchenden Züchterinnen und Züchter hatte der Obmann des AApA darauf geachtet, die verschiedenen Auffassungen über die Appaloosa-Rasse, die ich bereits beim Lesen des Verbandsprospekts registriert hatte, mir nun auch in der Zuchtpraxis begegnen zu lassen. Dabei reichte die Skala vom engagierten Turnierpferdezüchter über den Produzenten eines vielseitig verwendbaren Freizeitpferdes und den nur aus Freude an dieser Rasse Züchtenden (Das es das gibt, wusste ich vorher auch nicht, hat mir aber sehr imponiert) bis zu einer Gruppe von Züchtern, vielleicht sollte ich auch Idealisten sagen, die sich ganz dem „Appaloosa Foundation Horse“ verschrieben hat, wobei die Anführungsstriche notwendig sind, weil ihre Definition von „Foundation“ mit der des Appaloosa Horse Club der USA als Ausgangsverband nicht übereinstimmt. Sehr gern hätte ich noch mehr Züchter und ihre Pferde kennengelernt, aber mehr war bei den gegebenenen Entfernungen und in insgesamt zweiundzwanzig Stunden einfach nicht möglich. Welchen Eindruck ich dabei von der österreichischen Appaloosa-Zucht gewonnen habe, möchte ich im Folgenden darstellen, wobei nicht gänzlich, aber weitgehend chronologisch verfahren werden soll, was ein bessere Zuordnung verwandter Zuchtrichtungen ermöglicht.
Als Beginn unserer Rundreise hatte Alfred Meindlhumer sicherlich mit Bedacht
die Inn-River-Ranch im äußersten Westen Oberösterreichs gewählt; zum einen, weil
ihr Besitzer Josef Fellner einer der bekanntesten österreichischen Turnierreiter
und glücklicherweise noch nicht gänzlich zu den Quarter Horses abgewandert ist,
zum andern, weil die Fellners gerade erst bei der EM in Aachen wieder vorzüglich
abgeschnitten hatten, schließlich, weil er meine Veröffentlichungen und die
darin enthaltenen Äußerungen über den „sympathischen Österreicher Josef Fellner“
und seine Tochter Katrin kannte. All das, was darin an positiven Einschätzungen
enthalten ist, sollte sich bei unserem Besuch bestätigen.
Dabei ist besonders beeindruckend, dass Josef Fellner, angeregt durch seine
Tochter Katrin (wie oft bringen Kinder ihre Eltern zum Reiten und/oder ans
Pferd!), erst 1993 mit dem Westernreiten begonnen hat, wobei er Rudi Kronsteiner
als seinen Mentor nennt. Ihre Vorliebe für die „Bunten“ ließ ihn mit Hilfe von
Erich Kratschmar die erste Appaloosa-Stute aus Kanada importieren, der bald zwei
weitere folgten. Lag der Schwerpunkt in dem konsequent ganz von der
Rinderwirtschaft auf einen Pferdezucht-, -ausbildungs- und Reitbetrieb
umgestellten Hof zunächst auf der Erzeugung bunter Allroundpferde, wobei die
Hengste Mighty Brite Jack und Travelin Dandy zum Einsatz kamen, so haben die
Fellners sich nunmehr ganz der Reinerzucht verschrieben, vor allem mit ihrer
Stute Lacy Bright, der mit Jacs On The Top, The Strudel Kid und Tap And Bogie
ausgewiesene Reining-Vererber zugeführt wurden. Deren Nachzucht zeigt
inzwischen, dass sich die konsequente Umstellung auszuzahlen beginnt. So war 2002
nicht nur ein sehr erfolgreiches Jahr für Katrin Fellner mit Jacky Peavy,
sondern ganz besonders für ihren Vater mit der Tap And Bogie-Tochter Hollywoods
Aquila. Ich bin sicher, dass Josef Fellner mit ihr und seinen anderen
Nachwuchspferden, die er mir dankenswerter Weise ganz ausführlich präsentierte
und kommentierte, sehr bald schon sein großes Ziel erreichen wird, nämlich mit
seinen Appaloosa-Reinern auf NRHA-Turnieren erfolgreich zu sein.
Neben dem Hof der Fellners galt ein weiterer Besuch am Sonnabend Rosi und
Erich Kratschmar, die uns trotz der überstandenen „großen“ Flut“, deren Spuren
noch überall wahrnehmbar waren, ein paar Stunden opferten, um mich mit ihrer
Appaloosa-Zucht bekannt zu machen. Dabei ist interessant, dass Kratschmars nicht
nur Josef Fellner zu seiner ersten Appaloosa-Stute verholfen haben, sondern
dieser wiederum dazu beigetragen hat, dass sich ihr Hengst Bank On Me nicht nur
in Halter und Most Colorful, sondern auch als Allround Performer profilieren
konnte. Liegen die Wurzeln der beiden Ranches also dicht beieinander, so gehen
deren Eigentümer inzwischen sowohl in der Zucht, wie auch in der Verwendung
ihrer Pferde verschiedene Wege.
Rosi und Erich Kratschmar, die seit fünfundzwanzig Jahren Pferde züchten, dabei
zunächst Österreichisches Warmblut auf der Basis des Hannoveraner-Hengstes
Abstand, kamen 1985 bei einem Trailritt in British Columbia mit Appaloosas in
Berührung und lernten diese wegen ihrer Trittsicherheit, Ausdauer und
Genügsamkeit schätzen. Nachdem 1989 der Umstieg auf diese Pferderasse begonnen
hatte, wurden 1992 vier Stuten aus Kanada importiert, die gleichermaßen für den
Turniersport wie das Freizeitreiten geeignet waren. Diese wurden 1996 durch den
1990 in Maryland geborenen und in Italien aufgewachsenen dunkelbraunen
Blanket-Hengst Bank On Me ergänzt, der von Ima Bold Banker von Bold Print und
aus der Percys Lady stammt. Seinen Vollblutanteil kann er vom Exterieur her
nicht verleugnen, charakterlich zeigte er sich mir gegenüber außerordentlich
freundlich; er scheint über eine typische Appaloosa-Disposition zu verfügen.
Altersbedingt steht bei den Eigentümern der Flying Wheel Ranch inzwischen das
Trail-, Wander- und Freizeitreiten ganz eindeutig im Vordergrund. Das ändert
aber nichts daran, dass sie mit ihrem Stutenbestand, der einen genügend großen
Quarter Horse-Blutanteil aufweist, und der auf der Appaloosa-Seite Peavy-Pferde
mit Bright Eyes Brother-, Plaudit- und Goer-Nachkommen kombiniert, eine sehr
gute Basis besitzen, die züchterisch unbedingt weiter genutzt werden sollte –
nach meinem Dafürhalten zur Erzeugung von Pferden mit Halter-Potential, die
zugleich über beste Reiteigenschaften verfügen.
Im Rahmen unserer Rundreise gab mir Alfred Meindlhumer
Gelegenheit, die drei österreichischen Züchter zu besuchen, die sich – auch
durch ihren Zusammenschluss nach außen hin sichtbar – der Zucht der sogenannten „Foundation
Appaloosas“ verschrieben haben. Dabei verstehen sie unter „Foundation Horses“,
abweichend vom Appaloosa Horse Club, solche Pferde, die sich nachprüfbar auf die
Pferde der Nez Perce-Indianer zurückführen lassen, wobei die Nachkommen eines
Hengstes namens Toby I besondere Wertschätzung genießen. Durch das
Entgegenkommen von Peter Schnabl, der seine Fohlen extra bei Christian Templ
eingestellt hatte, war es mir möglich, am Samstag nicht nur Christian Templ und
seine Familie, sondern auch Peter Schnabl und seine Tochter Daniela und am
Sonntag schließlich Friedrich Stocker nebst Familie kennen zulernen und mir ihre
Foundation Appaloosas anzusehen. Beeindruckt hat mich das Engagement, mit dem
die drei Züchter ihre Sache betreiben. Ihre Gastfreundschaft war überwältigend,
die Gesprächsbereitschaft groß; sicherlich hätten wir noch tagelang weiter
diskutieren können. Hier sollen nur die für mich interessantesten Beobachtungen
und Ergebnisse wiedergegeben werden.
Peter Schnabl
Mit zwei Stuten, die auch beim ApHC der USA eine 80%-ige
Foundation-Registrierung besitzen (FPD), züchtet Peter Schnabl seit 1997 diese
Pferde, wobei ihn seine „große Liebe zu den Indianern auf die Appaloosa-Pferde“
brachte. So ist es erklärlich, dass er und seine Tochter Daniela vor allem das
„indianische Erbe“ in ihrer Zucht im Auge haben, das sie pflegen, fördern und
verbreiten wollen. Da ihre Stuten aus der Zucht von Christian Templ
hervorgegangen sind, versuchen sie nunmehr, passende Hengste von außerhalb zu
finden. 2001 war das der in Rheinland-Pfalz stehende Horse of Geronimo, wohl der
letzte Sohn von Apache Applesauce, der noch im Zuchteinsatz ist, 2002 der im
selben Jahr aus USA importierte Legendary Deacon. Peter Schnabl sagt selbst, was
für ihn wichtig ist: „Linie, Typ, Charakter, Rittigkeit und Ausdauer im
Gelände.“
Christian Templ
Anders als die Schnabls gehört Christian Templ mit seiner Familie
gewissermaßen zu den Gründervätern der österreichischen Appaloosa-Zucht. Durch
seinen Vater, der Shetland Ponies mit „Tigerscheckung“ gezüchtet hatte, quasi
von Kindesbeinen mit „Spots“ infiziert, sah er Appaloosas zum ersten Mal auf der
Equitana 1977 und war von da an der Rasse verfallen.
Seine erste Stute, die Apache Applesauce-Tochter Kiowa Bonnet, erwarb er 1981;
sie war einer der ersten Appaloosas in Österreich. Mit dem Hengst Travelin
Dandy, ein Sohn von Travelin Dice, den er 1988 als Jährling ankaufte, legte er
den Grundstein für seine Zucht und den vieler österreichischer Appaloosa-Züchter,
was ich als aufmerksamer Beobachter bei meiner Reise an verschiedenen Plätzen
ausmachen konnte, da der Hengst seine Nachkommen vergleichsweise stark geprägt
hat. Seit 1996 ergänzt Black Patch Toby ( von Travelin Dandy aus 3 VS Udo’s
Image) die Zuchtbasis der Templs. Mit der letztgenannten Stute, mit Cowboy’s
Serengetti, einer Cowboy Justice-Enkelin, und RW Ulrich Ruby, einer Enkelin von
Ulrichs Monarch, verfolgt Christian Templ das Zuchtziel, Appaloosas als
Freizeitpartner und Familienpferde zu erzeugen, „die gezielt auf
Foundationlinien zurückgehen, um den „Ursprungsappaloosa“ zu erhalten. Dabei
werden jedoch auch „modernere“ Appaloosalinien verwendet.“
Friedrich Stocker
Unser Besuch bei Friedrich Stocker auf seiner „Double F Appaloosas“-Ranch in
Bromberg/Schlag begann für mich mit zwei positiven Überraschungen. Zum einen
teilte mir unser Gastgeber mit, dass er seinen CO Cochetopa Print zum Wallach
gemacht habe, was ich allein aufgrund der gesehenen Fotos nur unterstützen
konnte, zum anderen hatte er in seinem Corral eine roanfarbene Stute, die sich
als Quarter Horse Stute Jackie Sug herausstellte, die Doc Bar, Two Eyed Jack,
Blondys Dude und Joe Hancock im Pedigree führt. Sie bot einen ausgezeichneten
Vergleich zu seinen Foundation Appaloosas.
Friedrich Stockers Appaloosa-Geschichte begann 1995 in Kanada, als er dort eine
Colida-Siri Sheik-Sundance 500-Paisano-gezogene Stute erwarb. Auf den
historischen Hintergrund der Rasse kam er erst in den nachfolgenden Jahren, u.a.
durch Kontakte zu Frank Scripter, Cecil Dobbin, Ralph S. Cannon, Mary P. Hare
und Palmer Wagner. Sie förderten seine Kenntnisse über die Geschichte der
Appaloosas und regten ihn an, mit entsprechenden Pferden zu züchten. So kommen
seine heutigen Zuchtstuten auch aus den Beständen von Don Ulrich, Frank Scripter,
Charlie Peterson und Dick Foster. Anders als bei den beiden vorgenannten
Züchtern weisen Stockers Appaloosas eine sehr große Bandbreite an Blutlinien
auf, wobei sich die „alten Linien“, deren Aufzählung ich mir hier erspare, mit
Pferden wie Colida, Top Hat H., High Hand, Joker B und Romans Straw Man
verbinden. Das halte ich durchaus für sinnvoll, denn Friedrich Stocker will nach
seinem Bekunden „ein vielseitiges und robustes Stock- und Ranch-Horse für den
aktiven Reiter züchten.
Was läßt sich zusammenfassen?
Wenn ich nun den Versuch
mache, die österreichische Foundation-Zucht im Zusammenhang zu beurteilen, so
ist zunächst hervorzuheben, dass alle drei Züchter bei mir einen nachhaltig
positiven Eindruck hinterlassen haben, wobei die Selbsteinschätzung ihrer
Zuchtergebnisse unterschiedlich ausgeprägt scheint. Zwar ist ihnen die Intention
gemeinsam, das historische Erbe der Rasse genetisch zu erhalten, wobei
unterschiedliche Motive vorhanden sind, aber in der Realisierung ergeben sich
doch wohl Unterschiede. Natürlich ist es legitim, ein wertvolles Erbe erhalten
zu wollen, aber das nur, wenn es auch züchterisch zu bestmöglichen Resultaten führt.
Und da scheinen mir, vorsichtig ausgedrückt, diese Züchter an ihre Grenzen zu kommen.
Große Köpfe, teilweise zu kurze Hälse aus steilen Schultern, eine schmale Brust,
schwache Bemuskelung, lange Röhrbeine und häufig sehr steile und lange Fesselung können
nur sehr Mutige als züchterischen Fortschritt bezeichnen. Wenn ich mich nicht täusche,
kommt diese Einsicht auch bei den Foundation-Züchtern allmählich zum Tragen.
Für mich verbindet sich damit die Hoffnung, dass sie die notwendige Blutauffrischung
möglichst bald in Angriff nehmen, dann werden sie auch das Bewahrenswerte bewahren können.
Am Sonntag stand nach dem Besuch bei Friedrich Stocker und der langen Fahrt
fast von der ungarischen Grenze bis ins Herz der Steiermark - schon das war für
mich als Flachländler ein Erlebnis! – ein Besuch bei Familie Schmaranz-Judmaier
auf dem Programm. Deutlich war zu sehen, dass mit der Wahl des Ranch-Namens für
ihren Pensions-, Reit-, Ausbildungs- und Zuchtbetrieb eine angemessene Wahl
getroffen wurde, denn die Gimplach umgebende Bergwelt wirkt wirklich
beeindruckend.
Ziel der auf der Great Mountain Ranch betriebenen Zucht ist es, Pferde zu
züchten, „die zuverlässige Partner für Freizeitreiter sind und auch genug Talent
für das Turniergeschehen mitbringen.“
Betrachtet man unter diesem Gesichtspunkt die Pferde, so fallen nicht nur einige
bildhübsche Quarter Horses ins Auge, sondern auch Appaloosas – nach ihrer
Abstammung „spotted Quarter Horses“ - die die Zuchtphilosophie der Familie sehr
gut belegen. Denn während der fünfjährige Sigis April Prince der Freizeitpartner
eines Sechzigjährigen ist, hat sein vierjähriger Vollbruder, der Wallach Eliots
Joker (beide von Eliot Ciedy Chex aus GB Little Sunshine) unter Selina Weigl
bereits seine ersten Meriten erworben: als Österreichischer Meister in Western
Pleasure Open und als Vizemeister in der Halter-Klasse der Geldings sowie mit
mehreren ersten Plätzen in beiden Wettbewerben. Beider Halbschwester aus dem
Jahr 2000, Zippos Little Dream von Zippos Mighty Dream, hat von der äußeren
Beurteilung her alle Voraussetzungen, die beiden Wallache noch zu übertreffen.
Man darf auf sie und ihren Werdegang wie auf den der Great Mountain
Ranch-Appaloosas in Zukunft gespannt sein.
Geplant hatte mein rühriger „Reiseleiter“ für Sonntag auch einen Besuch bei
Familie Dr Schaffer-Hassmann. Als dieser kurzfristig abgesagt werden musste,
gelang es Alfred Meindlhumer, umgehend einen „Ersatz“ zu organisieren. Nun,
dieser als „Ersatz“ deklarierte Besuch bei Dr. Gerd Mitter und seiner
charmanten, wohl informierten und engagierten Mutter in Troifaiach erwies sich
als echte Überraschung, und das aus mehreren Gründen. Zum einen entdeckte ich
dort eine Stute, deren Verwandtschaft zu einer von meinen mir sofort ins Auge
sprang, dann setzte mich die Qualität der Pferde in Erstaunen, schließlich
erklärte mir Dr. Mitter, als ich ihn nach seinen Zuchtzielen befragte, dass er
eigentlich nur aus Liebe zu den Pferden züchte, deshalb nur ungern verkaufe und
auch nur an wirklich gute Plätze.
Berücksichtigt man diese idealistische Auffassung über das Züchten von Pferden –
sie schlägt sich auch in der Haltung nieder (ganzjährig in der Herde auf großen
Weiden mit täglichem Freigang im Winter, im Sommer auf einer Hochweide in ca.
1600 m Höhe, Bedeckung der Stuten nur jedes zweite Jahr ) – und setzt sie zu den
„Mitter-Appaloosas“ in Relation, dann sind die Resultate hervorragend zu nennen.
Die Grundlage dafür sind die beiden Stuten: die 1992 geborene Intimidating Bo,
die Kid Timidator (AQHA) zum Vater und Bonanza Wildhoney (Halbschwester zu
meiner Bonanza’s Wildhoney) zur Mutter hat – eine Pferd mit einer
Traumabstammung – und Angel’s Falcon Dream, von Clearly A Dream und aus Angel’s
Alicia, die 1995 als Absetzer erworben wurde. Da Dr. Mitter offensichtlich
Dreamfinder-Blut in seiner Zucht bevorzugt, ist eine gewisse
Dreamfinder-Lastigkeit nicht ausgeblieben. Aber die beiden Brightest Dream-Söhne
von 1999, inzwischen zu Wallachen geworden, damit sie in der Herde gehalten
werden können, und Zibos Mighty Dream, 2001 geborener Sohn von Zippos Mighty
Dream und aus Intimidating Bo, können ohne Abstriche als sehr gute
Zuchtergebnisse bezeichnet werden. Ein Jammer allerdings, daß Really A Dream und
Bos Brightest Dream, die beiden 1999-er Söhne von Brightest Dream, wirklich nur
zur Freude gehalten werden. Zu gerne würde ich sehen, was sie unter dem Sattel
zu leisten imstande sind. Und für den Intimidating Bo-Sohn hoffe ich, dass er
zumindest so lange Hengst bleibt, bis man seine Vererberfähigkeiten überprüft
hat.
Ausgangs- und Endpunkt meiner Reise war das Heim von Eva und Alfred
Meindlhumer in Grieskirchen. Aber, wie das oft so ist: Vor lauter intensiven
Gesprächen, dem Austausch über Erfahrungen, besonders in USA, dem Entdecken
gemeinsamer Bekannter von Idaho bis Arizona und vor allem der vorzüglichen
Bewirtung durch die Gastgeberin und hausgemachtem Obstler kann man das
Wichtigste leicht vergessen – die Pferde.
Zum Glück begann Alfred Meindlhumer – in weiser Voraussicht?! - meinen
Aufenthalt bei den EAM Appaloosas mit seinen Appaloosas, die mir in einem
funktional gestalteten Offenstall und dem anschließenden Corral vorgestellt
wurden. Da ich in der Zeitschrift „Western News“ gelesen hatte, dass Bau und
Pflege seiner Anlage zu den bevorzugten Hobbies des Gymnasiallehrers gehören,
unterstelle ich nicht, dass er extra für mich „Überstunden“ geleistet hat; denn
alles präsentierte sich in perfekter Herrichtung, was mich übrigens auch bei
etlichen der anderen Besuche beeindruckt hat.
Wenngleich das Ehepaar Meindlhumer seine Vorliebe für den indianischen „background“
der Pferderasse nicht verleugnen kann – Einladungen an Nez Perce-Indianer
einerseits wie Evas Aufenthalt bei den Navajos andererseits sprechen da eine
deutliche Sprache! – so ist diese kulturgeschichtliche Ausrichtung zum Glück
nicht zu sehr auf die Wahl der Pferde durchgeschlagen. Zwar hat die Stute
Something Sally, deren Kaliber einem buchstäblich die Sprache verschlagen kann,
einen „Foundation Background“ vom Feinsten, aber The Fortuneteller weist mit The
Executive, Dial Bright Too, Rock Star, King Plaudit und Top Hat H. eine erlesene
Gruppe von „Builders of the Breed“ der Appaloosa-Rasse auf, die in dieser
Kombination einen Glücksfall darstellen. Und die Meindlhumers sind tolerant
genug, unabhängig vom „Nez Perce Blood“ nach den besten Vererbern für ihre
Stuten zu suchen: Clearly A Dream, The Totem und TT Mighty Tango als ausgewählte
Deckhengste sind dafür der beste Beweis. Und die Nachzucht macht deutlich, dass
damit ein aus meiner Sicht zukunftsweisender Weg in der Appaloosa-Zucht begonnen
worden ist. Ich bin sicher, er wird durch die zukünftig zu erwartende Nachzucht
bestätigt werden.
Was bleibt?
Machen wir es kurz: Mein Besuch in Österreich, als Vortragsreise geplant und
dank Alfred Meindlhumer zu einer hochinteressanten Rundreise bei
Appaloosa-Züchtern ausgeweitet, hat sich von Anfang bis Ende gelohnt. Diese drei
Tage waren für mich Geben und Nehmen zugleich – ein wirkliches Erlebnis. Sie
machen Lust darauf, wiederzukommen – vielleicht schon in diesem Jahr.
Als ich meinen Artikel über die Appaloosa-Zucht in Österreich schrieb, war mir nicht klar, dass dieser innerhalb der Verbandsseiten der AApA abgedruckt und damit einen halboffiziellen Charakter erhalten würde. Vielmehr ging ich davon aus, dass er im redaktionellen Teil der Zeitschrift erscheinen würde, so wie er auch in der deutschen „Western Horse“ erschienen ist. Der Artikel stellt also ganz und ausschließlich meine persönliche Meinung über die österreichische Appaloosa-Zucht dar; allerdings glaube ich – als einer der ersten Züchter dieser Rasse in Europa (seit 1975) und als Fachautor von mehr als achtzig Beiträgen über Appaloosas – über diese Pferderasse ein kompetentes Urteil abgeben zu können.
Während die Reaktionen, die ich von Leserinnen und Lesern erfahren habe, überwiegend positiv waren, haben mir die Foundation-Züchter, die in dem Artikel überproportional berücksichtigt, bezüglich des Abschnitts „Was lässt sich zusammenfassen?“ vorgeworfen, ich hätte darin ein einseitig negatives Bild ihrer „Foundation Horses“ gezeichnet. Diese Kritik kann sich nach sorgfältiger Prüfung des Abschnittes nur auf den Satz beziehen (Zitat): „Große Köpfe, teilweise zu kurze Hälse aus steilen schultern, eine schmale Brust, schwache Bemuskelung, lange Röhrbeine und häufig sehr steile und lange Fesselung können nur sehr Mutige als züchterischen Fortschritt bezeichnen.“
Wenn durch diese Formulierung der Eindruck entstanden sein sollte, ich hätte damit alle in Österreich gezüchteten Foundation Horses charakterisieren wollen (die ich im übrigen ja gar nicht kenne), so bedaure ich das außerordentlich. Nichts lag mir ferner! Ich glaube mich allerdings berechtigt, Beobachtungen, die ich nicht nur bei Einzelexemplaren gemacht und auf die ich die Züchter auf deren Wunsch mündlich bereits hingewiesen hatte, in meinem Artikel nicht verschweigen zu dürfen. Gespräche mit einigen dieser Züchter, die ich im zeitlichen Zusammenhang mit meinem Halterkurs vom 11. bis 13. 04. erfreulicherweise führen konnte, haben mir den Eindruck vermittelt, dass wir über dieses Thema in Kontakt bleiben werden.
Dahlenburg, den 24.04.2003 | Hans-Wolfgang Lesch |